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Wer ist Elisabeth Wehling?Laut eigener Auskunft gilt Elisabeth Wehling als Pionierin der angewandten Framing-Forschung. Leider sind die restlichen Angaben auf ihrerer Website nicht besonders aussagekräftig. Es fehlen beispielsweise Zeitangaben, Details zu den jeweiligen Stationen, aber offensichtlich auch ganze Stationen. Um beispielsweise im Jahr 2007 von der University of California in Berkeley als „graduate student“ (Hochschulabsolvent) aufgenommen zu werden (wie sie in den Danksagungen ihrer Dissertation angibt) muss sie vorher einen Bachelorabschluss abgelegt haben. Dem Klappentext des 2016 erschienen Buches „Politisches Framing: Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht“ kann man immerhin entnehmen, dass sie 1981 in Hamburg geboren wurde. Aus einer früheren Version ihrer Webseite geht hervor, dass sie bei der Universität Hamburg studierte und dort auch ihren Bachelor of Arts (B.A.) in Linguistik erwarb. Vermutlich während dieser Zeit absolvierte sie auch ein Auslandssemester bei der Sapienza Università di Roma. Und irgendwann vor 2007 erfolgte auch noch eine Weiterbildung in Kommunikationspsychologie am Schulz von Thun Institut für Kommunikation in Hamburg. Von der University of California in Berkeley wurde sie nicht nur im Jahr 2013 zum Doctor of Philosophy (Ph.D.) in Linguistik promoviert. Auf dem Weg dorthin hat sie dort auch einen Master of Arts (M.A.) erhalten. Ihr Disertationsthema war „A Nation under Joint Custody: How Conflicting Family Models divide US Politics“ (Übersetzung: „Eine Nation unter gemeinsamer Sorge: Wie widersprüchliche Familienmodelle die US-Politik spalten“). Laut ihrer Webseite betrieb sie anschließend am International Computer Science Institute in Berkeley „Postdoctoral Research“. Auf der Webseite zu einem Workshop der Reporterfabrik (einer Marke der CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH) mit dem Titel „Wie man mit Sprache Politik macht“ aus dem Jahr 2022 kann man lesen, dass diese Forschung am International Computer Science Institute nur von 2013 bis 2015 andauerte. Seit 2015 betreibt sie demnach Forschungen am Linguistics Department der University of California, Berkeley zu Ideologie, Sprache und unbewusster Meinungsbildung mit Methoden der Neuro- und Verhaltensforschung sowie der kognitionslinguistischen Diskursanalyse. Außerdem wird dort behauptet: „Elisabeth Wehling hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht.“ Belege hierfür finden sich zwar weder auf den Webseiten von Frau Wehling noch sonst irgendwo im Internet, aber wenn es CORRECTIV so schreibt, muss es bekanntlich wahr sein. Im Artikel zum „After Corona Club“ des NDR vom 27 Mai 2020 mit dem Titel „Die Macht der Worte in der Corona-Krise“ wird dagegen angegeben, dass Frau Wehling sogar bis 2016 Forschungsprojekte zu Ideologie, Sprache und unbewusster Meinungsbildung am International Computer Science Institute ICSI in Berkeley leitete, danach sei sie als Postdoc bis Mai 2019 am Linguistik Department der University of California in Berkeley gewesen (ohne Angabe einer Tätigkeit) und sei dort „aktuell“ Gastwissenschaftlerin am Linguistik Department. Dafür, dass ihre Forschungen am International Computer Science Institute ICSI in Berkeley zu irgendwelchen Ergebnissen führte, gibt es keinerlei Hinweis. Das Institut selbst listet im Zusammenhang mit Frau Wehling als „Publications“ (diese Webseite ist offenbar fehlerhaft, man muss den Link deshalb gegenenenfalls mehrfach aufrufen, bis das korrekte Ergebnis erscheint) lediglich das Buch „The Moral Brain: A Dialogue About Embodiment, Morality, and Framing in Politics“. Die Kernthesen ihrer Dissertation lauten: Es existieren im Wesentlichen zwei Familienmodelle: das eine geprägt vom „strengen Vater“, das andere vom „fürsorglichen Elternteil“ (und nein, das ist natürlich keine bewusst sexistisch motivierte Vereinfachung der Realität) – was praktischerweise zum faktischen Zwei-Parteien-System der USA passt. Das wiederum sei aber nicht durch Zufall oder aufgrund juristischer Normen enstanden. Vielmehr besäße die Einteilung der politischen Strömungen in linksgerichtet und rechtsgerichtet angeblich globale Gültigkeit. Welche der beiden großen Parteien die Menschen in den USA wählen, würde zudem zwangsläufig dadurch geprägt, welche Erziehungsform diese (in der Regel aufgrund eigener Erfahrung) verinnerlicht haben, weil diese Prägung dem Gehirn zwingend vorgibt, was es sich unter einem „Staat als Familie“ vorstellt und somit auch, von welchem Kandidaten er erzogen werden will. Allerdings hat sie diese These nicht selbst entwickelt. Schon im 2008 erschienenen Buch „Auf leisen Sohlen ins Gehirn: Politische Sprache und ihre heimliche Macht“, das von ihr zusammen mit ihrem späteren Doktorvater George Lakoff verfasst wurde, konnte man folgendes Scheingespräch lesen:
Dass die Ureinwohner der USA dieser Behauptung zustimmen würden, darf wohl bezweifelt werden. Dem unbedarften Leser dieses Buches bleibt dagegen fast keine andere Wahl, denn es nutzt in vielfacher Weise die Kunst des Framings. Nicht nur, indem ein Gespräch simuliert wird, bei dem der Fragesteller (in der englischsprachingen Variante von 2016 klar Frau Wehling zugeordnet) die passenden Stichworte liefert, auf die dann scheinbar eine zweite Person (in der englischsprachingen Variante George Lakoff) lediglich spontan antwortet. Vielmehr auch, indem zu jeder aufkommenden Frage eine Antwort gegeben wird, die nicht den Hauch einer möglichen Unsicherheit lässt. Alles scheint faktenbasiert und glasklar – ohne es wirklich zu sein. Denn mehr als eine blose Hypothese wird hier nicht geliefert. Selbst wenn einmal auf Forschungserkenntnisse verwiesen wird, werden diese nicht konkret benannt, sondern bleiben Behauptungen – einer der vielen Vorteile eines populärwissenschaftlichen Buches gegenüber einem wissenschaftlichen Fachartikel. In Ihrer Dissertation erwähnt Frau Wehling diese aktive Zusammenarbeit mit Herrn Lakoff allerdings nicht. Dort liest sich das stattdessen so:
Auffällig ist auch, dass für diese Dissertation Personen gezielt so befragt wurden, dass sie in eine der beiden vordefinierten Lager eingeordnet werden konnten. Diese Befragung war also von vornherein so angelegt, dass sie die These bestätigen sollte. Dennoch findet man im Fazit folgende Aussage:
Frau Wehling hat also starke Hinweise gefunden, die nicht nur ihre eigene These in Frage stellen, sondern insbesondere die Hypothese ihres Doktorvaters. Obwohl sie hier ausdrücklich darauf hinweist, dass man deshalb in Betracht ziehen müsse, dass diese Hypothese falsch sei, ist sie dem nicht weiter nachgegangen. Überhaupt nicht thematisiert hat sie die Umkehrung ihrer These: Vielleicht prägt nicht das bevorzugte Familienmodell die politische Orientierung, sondern die politische Orientierung beeinflusst das bevorzugte Familienmodell. Wobei sich natürlich auch die Frage aufdrängt, welche Rolle dabei ihr Doktorvater und großes Vorbild spielte. Im 2016 erschienenen Buch „Politisches Framing: Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht“ zeigt Frau Wehling, wie viel sie von ihrem Vorbild gelernt hat, wenn sie (ab Seite 17) beispielsweise schreibt:
Noch deutlicher beschreibt sie dieses angebliche Wirkprinzip in dem 2017 von ihr für die ARD verfassten „Framing-Manual“. Dort schreibt sie ab Seite 14:
Für Frau Wehling (und Herrn Lakoff) sind Menschen also sowas wie Maschinen, die von den Eingaben, die sie von ihrer Umwelt über Redewendungen und Floskeln gefüttert bekommen, gesteuert werden – und lediglich aus Unwissenheit über diese Wirkung daran glauben, dass ihre Gedanken und Handlungen ihrem eigenen freien Willen entspringen. Fakten sind also nutzlos. Jedoch nicht, weil Menschen diese Fakten beispielsweise aus ideologischen Gründen nicht abwägen wollen, sondern weil das menschliche Gehirn angeblich gar nicht dazu fähig ist, Vor- und Nachteile neutral geneneinander abzuwägen. Die sich aus dieser Überzeugung ergebende logische Konsequenz ist, dass es auch kein Problem ist, wenn Fakten gar nicht beachtet oder sogar negiert werden. In ihrer „Erläuterung zur Tätigkeit für die öffentlich-rechtliche ARD“ (die inzwischen auf ihrer Website nicht mehr vorhanden ist), hatte sie das allerdings stark relativiert:
Der von ihr als Zitat gekennzeichnete Textausschnitt ist jedoch kein Zitat. Denn tatsächlich steht im „Framing-Manual“ (auf Seite 4) folgender Absatz:
Apropos Seriösität: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete im Artikel „Elisabeth Wehling verteidigt sich“ vom 23. Februar 2019:
Auch die Verwendung des Begriffs „Institut“ für ein nicht im Handelsregister eingetragenes Einzelunternehmen dient selbstverständlich letztlich dazu, bei tatsächlichen und potentiellen Kunden sowie Mitbewerbern ein bestimmtes Bild zu erzeugen – und dieses ist zudem offensichtlich das Gegenteil von der behaupteten Abtrennung ihrer wissenschaftlichen von ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit. Laut der von Frau Wehling selbst vertretenen Hypothese können sich die Leser dieses Firmennamens selbst dann nicht gegen diese Wirkung wehren, falls ihnen dieser Fakt tatsächlich bekannt sein sollte. Auf der inzwischen nicht mehr aktiven Website ihres Einzelunternehmer-Instituts (deren Kopien offenkundig inzwischen sogar aus der Wayback Machine gelöscht wurden) stellte sie sich noch bis 2019 unter anderem mit diesen Worten ihren potentiellen Kunden vor:
Belege dafür, dass jemals eine Ausgabe des Journals „Moral Cognition and Communication“ erschienen ist, sind im Internet nicht auffindbar. Es gab vom Verlag John Benjamins Publishing zwar im Februar 2017 einen Aufruf zur Einreichung von Beiträgen aber spätestens seit 2019 wird das Projekt als „canceled“ angegeben (die dabei abgebildete Titelseite enthält keine Angabe zu „Volume“ und „Number“ sowie eine bewusst unleserliche Jahreszahl). 2019 wurde Frau Wehling von der Kluge-Stiftung der Universität zu Köln für herausragende Leistungen im Bereich der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse an die Gesellschaft mit dem „Human Award“ ausgezeichnet. Für welche Leistung konkret sie diesen Preis erhalten hat, geht aus der Webseite leider nicht hervor. Spätestens ab 2020 zieht sich Frau Wehling weitestgehend aus dem öffentlichen Leben zurück. Wie bereits erwähnt, wurde die Website zum „Berkeley International Framing Institute“ gelöscht und der Inhalt der Website über ihre Person deutlich zusammengekürzt. Darüber hinaus wurde auch ihr Twitter-Account gelöscht. VeröffentlichungenDiese Liste ist etwas umfangreicher, als die von Frau Wehling selbst veröffentlichte, enthält aber dennoch nur Werke mit einer ISBN. Warum sie einen Teil ihrer Arbeit verschweigt, bleibt genauso rätselhaft, wie ihre Angaben zu ihrem Lebenslauf.
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